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Mobile Hörsituationen in temporären Kunsträumen

Netzwerke gehören nicht nur in die Hinterzimmer, sondern auch in den öffentlichen Kulturraum. Der Schritt ins Offene erfordert inhaltliche Utopien, kollegiale Verabredungen und pragmatische Präzisierungen. Der Aufruf der Kulturstiftung des Bundes zur Netzwerkbildung förderte diesen Weg und begründete den Wunsch des KNM Berlin, der singuhr-hoergalerie und der Zeitgenössischen Oper Berlin, ihre damaligen, bilateralen Kooperationen nun in einer vierjährigen Zusammenarbeit mit anderen Partnern netzwerkartig zu erweitern. Die Analyse des Berliner Status quo 2007 ergab, dass sich die heterogene, vielgestaltige Berliner Szene nicht in einem Netzwerk zusammenfassen lässt. Die Idee, wenn schon nicht für ganz Berlin, dann doch repräsentativ für die Stadt und ihre Potentiale zu stehen, war rasch geboren. So war es nur konsequent, die Auswahl der gestaltenden Partner zu konzentrieren, Hoch- mit Offkultur zu verbinden und wichtige Vertreter der Konzertinstitutionen, der Clubszene, der Wissenschaft, der Forschung, der Klangkunst, des Musiktheaters, des Rundfunks mit weiteren Akteuren der Neuen Musik zu verknüpfen.

 

sounding_d_26082010_astrid_karger_gehoertestadt_0611_web.jpgDie Frage nach den heutigen Orten musikalischer Kreativität und ihrer Vermittlung bestimmte die vierjährige Arbeit. Einerseits bezog sie sich konkret auf die Berliner Diskussion um einen permanenten Spielort für die neue Musik, den wir mit dem haus 13 auf dem pfefferberg im Prenzlauer Berg zu entwickeln versuchten. Beinahe jeden zweiten Mittwoch fanden dort diskursive Veranstaltungen wie z.B der singuhr-salon statt, die von den einzelnen Partnern im ohrenstrand.net abwechslungsreich gestaltet wurden. 2009 wurde dort mit Glückliche Strandung - zu Gast am ohrenstrand ein zusätzliches Programmmodul eröffnet, um externen Projekten den Zugriff auf die strukturellen Ressourcen von ohrenstrand.net zu ermöglichen.


Andererseits war dem eingangs erwähnten Institutionen-Trio klar, dass sich die Vielfalt der musikalischen Äußerungen nicht an einen Ort bannen, sondern dass diese sich publikumsnäher in mobilen Situationen, mit temporären Kunsträumen und Klangerkundungen im Alltagsraum vermitteln lässt. Formate wie Gehörte Stadt, kulturradio Galerienwanderung, HouseMusik oder lunch & after work Konzerte 2011 seien für diese Richtung exemplarisch genannt.

 

sounding_d_26082010_astrid_karger_splitterorchester_3_0574_web.jpgDie Zeitgenössische Oper initiierte im Rahmen von ohrenstrand.net die zwei Wettbewerbe operare und ohrenstrand mobil. Ersterer vergab jährlich Realisierungspreise für zeitgenössische Musiktheaterproduktionen. Der Architekturwettbewerb ohrenstrand mobil wandte sich 2008 und 2009 an Architektenbüros, um mobile Konzertraumarchitekturen für neue Musik zu entwerfen. Aus diesem Wettbewerb entwickelte sich das Festival Ankunft: Neue Musik auf dem Hauptbahnhof Berlin. Die Methode der „Besetzung des Stadtraums“ hat sich bewährt und zu Tausenden von Zuschauern geführt. Der Erfolg dieser mobilen Taktik lässt sich auch daran messen, dass die eben genannten Projekte auch über den Förderzeitraum hinaus weitergeführt werden.


Orte der musikalischen Kreativität waren aber auch die sehr genau gesetzten Vermittlungsaktivitäten der Akademie der Künste und des Konzerthaus Berlin. Während die Akademie vor allem Angebote an die wirksamsten Musikvermittler – also an die Lehrern in den Schulen – erstellte und Initiativen im Land Brandenburg unterstützte, widmete sich das Konzerthaus in ihrem Programm Open Your Ears der Jugendarbeit. 2011 wurde das Engagement, Jugendliche mit Profis der neuen Musik in einen Aufführungszusammenhang zu bringen, mit dem renommierten junge-ohren-preis ausgezeichnet.

 

thomas_meadocroft_01_bernd_uhlig_web.jpgZwei neue Ensembles entstanden im Rahmen von ohrenstrand.net: das Splitter-Orchester der Berliner Echtzeit Musikszene und das KNM campus ensemble, in dem Laien regelmäßig unter der Mentorschaft des KNM Berlin neue Musik proben und aufführen. Schritt für Schritt wurden auch die Verknüpfungen zwischen den neuen Medien, der Musikwissenschaft und der zeitgenössischen Musik gestärkt. So entstand schließlich 2011 aus der Zusammenarbeit mit den externen Partnern UdK und Pädagogische Hochschule Potsdam die campus schreibwerkstatt und der Fachbereich Audiokommunikation der TU beförderte den Diskurs mit den neuen Medien auf oft spektakuläre Weise.


Die Netzwerkarbeit war personalintensiv und erforderte tagtäglich die Lösung des Kommunikationsproblems zwischen Zentrale und Peripherie bzw. Partnern und Geschäftsstelle. Letztere wurde 2008 im Haus der Kulturprojekte Berlin GmbH eingerichtet. Sie war bis einschließlich März 2012 mit dem Geschäftsführer Thomas Bruns (1 / 3 Stelle) und bis Dezember 2011 mit den Mitarbeitern für PR / Presse Sabine Spillecke (2008 / 2010), Mathias Maschat (2009) und Fabian Sieckermann (2011) mit einer 1 / 2 Stelle besetzt. Die Stelle des Projektmanagers Uwe Ozminski (3 / 4 Stelle) wurde über die Initiative Kulturarbeit in Berlin von 2009 bis 2011 extern finanziert. Für ein klares Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit wurde ein eigenes ohrenstrand.net-Design entwickelt, das alle Publikationen der Partner-Akteure und der externen Kooperationspartner miteinander in Verbindung setzte. So wurde die Präsenz der über ohrenstrand.net koordinierten Veranstaltungen in der Stadt deutlich erhöht. Der zweimonatliche Flyer unterstützte diesen klaren Auftritt.


helmut_oehring_liebe.heimat.tod_c_brandenburgisches_staatsorchester_web.jpgohrenstrand.net führte von April 2008 bis Dezember 2011 weit über 420 Veranstaltungen durch, die mehr als 28.000 Besucher (Stand: Dezember 2011) erreichten. Das Budget von ohrenstrand.net wurde von 2008 bis 2010 zu ca. 41 Prozent durch Deckungsmittel der Partner getragen. Das Netzwerk Neue Musik trug ca. 41 Prozent zum Gesamtbudget von ohrenstrand.net bei. Diese Mittel wurden vor allem strukturbildend und für die Veranstaltungen ohrenstrand auf dem pfefferberg und ohrenstrand mobil eingesetzt. Die Kulturverwaltung des Landes Berlin unterstützte das Netzwerk ohrenstrand.net aus Mitteln des Referats Stipendien und Projektförderungen. Der Anteil der Förderung durch die Kulturverwaltung lag bei ca. 18 Prozent des Gesamtbudgets von ohrenstrand.net. 2011 wurde die Projektreihe ohrenstrand.guide / Ankunft: Neue Musik zusätzlich aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert. Diese Förderung ermöglichte in besonderer Weise die Umsetzung einer modernen Marketingstrategie. Der vierjährige Etat von ohrenstrand.net konnte so 2011 um ca. 10 Prozent gesteigert werden. Zusätzlich warben die Geschäftsstelle und die Partner von ohrenstrand.net private als auch öffentliche Drittmittel in bemerkenswertem Umfang ein. Zu den Unterstützern zählen so das Berliner Künstlerprogramm des DAAD, das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt, die Deutsche Bahn, Kulturland Brandenburg, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg, die Siemens Aktiengesellschaft, das Siemens Arts Program, die Sparkasse Oder-Spree, das Staatstheater Cottbus, die Volkswagen Aktiengesellschaft, das ZDF-Hauptstadtstudio und viele andere mehr.


Das Netzwerk ohrentrand.net kann leider die Struktur des Netzwerks nicht über den Förderungszeitraum hinweg erhalten, da die finanzielle Basis fehlen wird. Ein an die Kulturverwaltung des Landes Berlin gerichteter Antrag zur Weiterführung der Netzwerkarbeit wurde nicht positiv beantwortet. Einigen Projekten konnte jedoch noch 2011 genügend Schwung und Finanzierungsaussicht gegeben werden, um 2012 und folgende weiter zu wirken.